Dienstag, 19. Juni 2012

Haben Sie Fahrstühle im Projekt?

Kennen Sie das Fahrstuhlexperiment? Das Experiment wurde von einer sehr populären amerikanischen Fernsehsendung (Candid Camera) in den 60er Jahren durchgeführt.
Die Fernsehsendung führte Experimente in beliebigen öffentlichen Einrichtungen durch, um spezielle soziale Verhaltensweisen in humorvolle Szenen zu setzen. Das Ergebnis der Sendung war neben dem Unterhaltungswert auch äußerst aufschlussreich und lehrreich. Das Fahrstuhlexperiment hat man sich ausgedacht, um herauszufinden, wie unabhängig der Durchschnittsbürger ist, wenn er mit einer allmächtigen „Einigkeit einer Gruppe“ konfrontiert wird. Ergebnis: wenig.




Die Personen der Testgruppe bekamen den Auftrag gemeinsam immer in eine Richtung zu sehen. Wie würde sich nun eine zufällig dazukommende Person verhalten?
Sobald die Gruppe gemeinsam in eine Richtung blickte, wurde es sehr schwer für die Person eine andere Position einzunehmen, geschweige denn zu halten, selbst wenn die Blickrichtung der Person sinnvoll und korrekt war und die Gruppe komplett falsch lag.

Im Video ist dies sehr schön zu erkennen. Die zufällig hinzukommende Person beugt sich diesem „Gruppendruck“ und blickt nach kurzer Zeit auch in die Richtung der Gruppe.
Wechselt die Gruppe die Blick-Richtung, dann wechselt auch automatisch die Person die Blick-Richtung.

Diese Konfirmitätsexperimente wurden zum ersten Mal von Solomon Asch in den 50ern durchgeführt. Aus den Konfirmitätsexperimenten ergab sich ein bemerkenswerter Zusammenhang: je größer die Gruppe war, desto mehr Konformität wurde erzeugt. Wurde die Gruppengröße gesteigert, dann näherte sich die Konfirmitätsrate einer Geraden an.  Wird nun aber die Einstimmigkeit der involvierten Personen bei einem falschen Urteil aufgebrochen, da einer von ihnen noch offensichtlicher falsch urteilt, begehen die Versuchspersonen deutlich weniger Fehler bzw. orientieren sich weniger oft an der Gruppe. Es scheint dann eine Situation einzutreten, indem sich die Versuchsperson traut, ihre richtige Minderheitenmeinung zu äußern, da auch andere eine Minderheitenmeinung vertreten.

Die Konformität bei den Personen kommt zum einen dadurch zu stande, dass sie bei anderen einen erwünschten Eindruck hinterlassen wollen. Viele Menschen fühlen sich unwohl oder unsicher, wenn sie andere Meinungen als die der Gruppenmehrheit vertreten.
Zum anderen, dass man eine persönliche Unsicherheit beseitigen möchte, indem man sich auf die Meinung der Mehrheit verlässt und diese unter Umständen auch annimmt. Je schwieriger eine Situation ist, desto stärker ist auch die gezeigte Konformität.

Die psychologischen Erkenntnisse kann man sehr schön in der eigenen Projektumgebung beobachten und entsprechend kann man eine spezielle Situation, bspw. in einem Projektmeeting sehr viel besser bewerten. Sehr oft werden Sie möglicherweise einen informellen Führer im Projekt haben, bspw. einen technischen Spezialisten, der durch seine Meinung und Sichtweise eine ganze Projektgruppe mit in eine Richtung zieht. Da wird es dann sehr schwer werden, mit einer Minderheitenmeinung durchzukommen. Das können Sie als Projektleiter grundsätzlich mal sehr gut ausnutzen, indem sie den informellen Führer für sich gewinnen und mit ihm zusammen die Richtung des Projektes bestimmen können.

Wollen Sie aber gänzlich jegliche Art von Manipulation vermeiden - was aus meiner Sicht der bessere Weg ist - dann sollten Sie zumindest dafür sorgen, dass Meinungsbildner eine ganze Gruppe beeinflussen. Dies können Sie beispielsweise in Brainstorming Session machen, indem Sie zuerst eine Gesamtdarstellung eines Problems mit der Gruppe besprechen, danach aber die Ausarbeitung der Problemstellung in Einzelerarbeitung durch jeden Spezialisten erbeten. Dadurch können Sie Meinungsbildner ausschließen und möglicherweise ein breiteres Spektrum an Lösungsmöglichkeiten finden.

Fazit: Wir sind nicht so frei, wie wir glauben, insbesondere, wenn wir nicht alleine sind.



Quellen:
http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=aX1gL5Zqkao
http://de.wikipedia.org/wiki/Konformit%C3%A4tsexperiment_von_Asch

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